Werkstatt-Technik

Hier will ich kurz vorstellen, welche Geräte bei mir in der Werkstatt zum Einsatz kommen. Da bei mir keine, oder ganz selten mal "moderne" Geräte auf den Tisch kommen, ist die Ausstattung auch alles andere als modern. Ich versuche meine Geräte immer in Schuss zu halten, möglichst genau zu kalibrieren, denn man kann nur so genau arbeiten, wie sein schlechtestes Messgerät misst. Das nimmt manchmal mehr Zeit in Anspruch, als so manche Radio-Reparatur...

   
Blick in meine Werkstatt, 2019.

Fangen wir vielleicht mal "vorne" an, also bei der Spannungsversorgung.

Generell empfiehlt es sich, in der Werkstatt ein erdfreies Netz zu benutzen, d.h. über einen Trenntrafo den nachfolgenden Verbraucher vom Netz galvanisch zu trennen.

Kleiner Ausflug in die Elektrotechnik: In Deutschland ist die TN-C-S Netzform am verbreitesten. Ihr Fehlerschutz-System beruht darauf, dass die Außenleiter ein fest definiertes Potenial gegenüber der Erde führen und im Fehlerfall ein Strom über die Erde (Schutzleiter) abfließt und damit ein Überstrom-/Fehlerstrom-Schutzorgan auslösen kann. Dazu ist der PEN bzw. der PE auch wirklich mit der Erde verbunden!
Nach unserem Trenntrafo besteht dieser feste Potentialunterschied zwischen Erde und Außenleiter nun nicht mehr, er beträgt quasi 0V. Verständlich ausgedrückt: Ein Stromschlag ist theoretisch nur noch zwischen den beiden Ausgängen des Trafos möglich. Also unverzichtbar für Arbeiten am laufenden Gerät, was aber nicht heißt, dass die Arbeit am offenen Gerät dadurch generell ungefährlich wird!
Gerade Laien und Neulingen sei hier nochmal empfohlen die Finger von solchen Geschichten zu lassen, Strom ist und bleibt gefährlich!

In der Werkstatt bietet sich der Einsatz eines Trennstelltrafos an. Mit ihm kann man die Geräte langsam "hochfahren" und so im Zweifelsfall das Leben des ein oder anderen Bauteils retten, das sonst beim Einschalten einfach "abgeraucht" wäre...


Hier mein RFT TRT 280/1, hergestellt 1955 von den Technisch-Physikalischen-Werken Thalheim; er war lange im Institut für angewandte Physik in Heidelberg im Einsatz.

Wer schon mal die Netzspannung gemessen hat, wird wissen, dass im seltensten Falle wirklich exakt 230V aus unsereren Steckdosen kommen. Meist ist es ein Wert irgendwo zwischen 225V und 242V. Wer nun aber exakt arbeiten möchte, braucht eine stabile Netzspannung, zumal die alten Geräte noch mit 220V arbeiten. Hier kann ein sogenannter Konstanter bzw.  Wechselspannungsregler Abhilfe schaffen. Ehrlich gesagt, kommmt dieser Kasten bei mir aber eher selten zum Einsatz:


Statron WSR 220/2,25W, hergestellt 1967; laut Prüfplakette bis 1989 beim Instut für Nachrichtentechnik in Berlin im Einsatz gewesen.

Wer Spannungen und Ströme messen will, braucht natürlich ein Volt- und Amperemeter. Oft kommen diese Messgeräte in Mulimetern zusammen mit Ohmmetern in einem Gehäuse daher. Natürlich gibt es auch hier Unterschiede zwischen Geräten für 10€ aus dem Baumarkt und etwas professionelleren Geräten aus dem Labor. Diese zeichnen sich durch einen sehr hochohmigen Spannungsmesser aus, der fast leistungslos misst, und damit sehr genaue Ergebnisse liefert.


Mir leisten seit Jahren ein Grundig Typ 159-(links) und ein Rohde&Schwarz URU-Röhrenvoltmeter (rechts) treue Dienste.

Es sei hier vielleicht noch erwähnt, dass Wechselspannung nicht immer gleich Wechselspannung ist. Jeder kennt die 50Hz aus der Steckdose, bei dieser Frequenz misst fast jedes Schätzeisen recht genau. Das Rohde&Schwarz z.B., misst aber auch im Bereich zwischen 10Hz und 1MHz auf 1% genau. Da trennt sich dann die Spreu vom Weizen.


Kommen wir mal zu den etwas "radiospezifischeren" Geräten...

Für den Abgleich der Geräte braucht man stabile Frequenzgeneratoren, auch Messender genannt, oder zum Wobbeln sogar Wobbelmesssender. Nordmende hatte hier ähnlich wie Grundig/Hartmann&Braun und Philips ein recht umfangreiches Sortiment an Service-Geräten. Thomas hat sehr viele der Nordmende Geräte in seiner Sammlung und stellt diese auf seiner Projekte-Seite vor.

Hier also mein Nordmende UW 958:



Ein Blick in das doch recht interessante Innenleben: Das geübte Auge erkennt eine Glimmstabi-Röhre im Netzteil und einen Quarz zur Frequenzeichung. Mit diesem Gerät lässt sich trotz seines hohen Alters immer noch sehr präzise Arbeiten!



Wer Wobbelt, braucht auch ein Ozilloskop, um sich die Durchlasskurve anzeigen lassen zu können. Für diesen Zweck kommt bei mir ein Siemens Oscillarzet 05 zum Einsatz. Es passt perfekt zum Nordmende Wobbler und hat auch einen genügend empfindlichen Y-Verstärker, um die Signale vom Tastkopf ausreichend groß darstellen zu können:

                            
Hier die Durchlasskurve eines 10,7MHz ZF-Verstärkers.


Wenn wir gerade beim Thema Oszilloskope sind, stelle ich hier noch schnell meine beiden anderen vor:

Zum Einen ein schönes kleines "Spielzeug", ein Philips GM5655 von 1953 mit einer 7cm Kathodenstrahlröhre.

     

Zum Anderen ein echter "Brocken", wieder Philips, aber ein GM5666. Kampfgewicht 30kg, insgesamt 26 Röhren verrichten hier ihre Arbeit. Für 1958 ein wirklich extrem aufwändiges Gerät, mit beleuchtetem Gitternetz (Helligkeit stufenlos einstellbar!) und sehr vielen Einstellmöglichkeiten. Damit macht Messen wirklich Spaß!

     

Auch im Schaltplan lässt sich der betriebene Aufwand gut erkennen, alleine schon das Netzteil ist sehenswert, mit einer PL36 als Längsregler!




Nochmal ein kleiner Ausflug zu Rohde & Schwarz
Neben dem Nordmende Messsender habe ich auch noch einen Leistungsmessender von Rohde&Schwarz, Typ SMLM, um den HF-Abgleich von UKW-Teilen ohne umständliches Ankoppeln über künstliche Antennen daurchführen zu können. Aktuell steht von beiden Geräten leider nur ein sehr schlechtes Foto von der Front zur Verfügung, aber erstmal besser wie garnichts. Ausführliche Vorstellungen beider Geräte sind in Arbeit!


  
Daneben ist auch noch eine Rohde&Schwarz NF-Generator vom Typ SRM vorhanden. Beide R&S Geräte arbeiten absolut Freqenzstabil und zuverlässig.




Netzgeräte
Unverzichtbar in der Wekstatt ist auch ein stabilisiertes Netzgerät. Hiermit lassen sich Röhren prüfen, Schaltungen versorgen und noch vieles mehr. Zu diesem Zweck steht bei mir ein Grundig/H&B 6007. Ebenfalls ein "Vollröhren"-Gerät mit einem Gewicht von 25kg. Es beinhaltet drei einzeln schaltbare Netzteile die Spannungen bis 350V bei einem Strom von 100mA bieten. Diese lassen sich alle sowohl in Reihe, als auch parallel schalten, so das je nach Bedarf eine höhere Spannung oder ein höherer Strom zur Verfügung steht. Dieses Gerät wurde aufwendigst in Stand gesetzt, ein ausfühlicher Bericht mit vielen Photos ist hier zu finden.


Dieses Photo stammt noch aus der Aufarbeitungsphase, deshalb fehlen auch noch fast alle Knöpfe...

Natürlich sind das nicht alle Geräte die ich besitze, aber zumindest mal die wichtigsten und am häufigsten gebrauchten. Im Laufe der Jahre sammelt sich doch ein "ganzer Haufen" an Geräten an, die dann einfach nur da stehen und/oder technisch interessant sind, aber unpraktisch in der Anwendung. Alle diese "Kisten" hier vorzustellen, würde den Rahmen deutlich sprengen und spätestens nach der Beschreibung des vierten Messenders würde es langweilig werden. Deshalb hier nur noch ein abschließender Blick in meinen Neuwirth Messender...




©Yannick M. J. Gaa, 19.07.2020