Freiburg 100
Wenn bei
SABA der Name Freiburg fällt, weiß man, es geht um die ganz
dicken Geräte mit Automatic und allem drum und dran. So auch
beim Freiburg 100, mit dem Zusatz, dass dieser schon "Stereo"
in seinem Namen führt und zummindest im NF-Teil auch schon
Stereo kann.
Gleich zu Beginn der Reparatur an diesem Gerät
musste ich leider feststellen, dass die Duplexkupplung vom
Zinkfraß mechanisch völlig zerstört wurde. Beide Zeiger
bewegten sich gleichzeitig und beim Umschalten von einem der
AM-Bänder auf UKW war auch nicht das typische "Plopp" zu
hören...
Hier sieht man es ganz deutlich: Die
Zinkdruckgussteile sind total aufgequollen und porös.
Abhilfe kann da nur ein Teil aus dem
Ersatzteile-Lager schaffen, in der Hoffnung, dass diese
Kupplung länger durchhält.
Zum Einsatz kam hier dann eine Kupplung aus einem Meersburg 8,
die passte und macht noch einen guten Eindruck:
Der Einbau einer neuen Kupplung ist immer mit
enormem Zeitaufwand verbunden! Alleine die Skalenseile, die
abgenommen und wieder aufgezogen werden müssen können einem
wirklich beschäftigen. Hier ist es mir zum Glück gelungen nur
das FM-Antriebsseil neu aufziehen zu müssen. Mit einem kleinen
Trick lässt sich das AM-Antriebsseil auf Spannung halten und
rutscht nicht von der Seilscheibe.
Nach den mechanischen Fehlern ging es dann an die Elektronik:
Dieses Chassis sieht von unten aus, wie ein
einziges Knäul aus Widerständen und Kondensatoren. Da hat SABA
sich nicht mit Ruhm bekleckert, es ist ein einziges
Durcheinander. Nebenher läuft ein Nordmende Othello 59 auf
SWR2 (92,0MHz).
Alle alten Papierkondesatoren und Elkos müssen da raus.
Insgesamt waren es über 40 Teile, inklusive EM84,
Gleichrichter und vier Skalenbirnchen.
SABA hat das mit der Stereo-Endstufe sehr ernst
genommen und quasi zwei Eintaktendstufen (eine EL84) mit
jeweils separatem Ausgangsübertrager und Gegenkopplung
verbaut. Im ganz normalen Rundfunk-Betrieb (Mono) werden diese
Endstufen aber parallel geschalten und damit das funktioniert
muss vor der einen EL84 die Phase gedreht werden, dafür ist
die EBC91 zuständig. Und es wird nur eine EF86 als Vorstufe
verwendet. Im Stereo-Betrieb sind dann alle fünf Röhren
(2xEF86, EBC91 und 2xEL84) in Betrieb und die Lautsprecher
werden getrennt angesteuert und der Hochtöner in der Mitte der
Schallwand abgeschaltet.
Das heißt es ist alles doppelt und dreifach vorhanden! Ob da
nicht ein wenig zu viel Kirschwasser im Spiel war?
Ein absoluter Drahtverhau, dazu kommt natürlich noch die
Automatic mit ihren zwei Röhren und der ganzen Peripherie
dazu.
Was die Sabanesen wirklich gut konnten, war die
HF- und ZF-Stufen zu bauen. Es gibt fast kein SABA, welches
sich nicht super abgleichen lässt und empfangstechnisch eine
taube Nuss ist. Wirklich erstaunlich was dieses Gerät selbst
mit dem Gehäusedipol an Sendern empfängt.
Nahezu perfekte Durchlasskurve des
ZF-Verstärkers auf dem Siemens Oscillarzet zu sehen.
Das Radio stand wohl länger in einer feuchten
Umgebung, auf dem Chassis haben sich kleine Rostpickel
gebildet.
Na, wem fällt etwas auf?
Richtig! Die Skalenscheibe ist nicht original. Ich vermute
stark, dass sie mal kaputt gegangen ist und zu diesem
Zeitpunkt keine original Scheibe mehr verfügbar war und in der
Werkstatt dann dieser Nachbau zum Einsatz kam. Er ist auch
garnicht schlecht, aber auf den zweiten Blick fallen dann doch
ein paar schlecht gemachte Details auf.
Sonst gibt es eigentlich nicht mehr viel über
dieses Gerät zu sagen, Empfang sehr gut, Klang in Mono gut in
Stereo über TA hätte man das besser machen können, aber 1960
steckte selbst NF-Stereo noch in den Kinderschuhen.
Die Automatic in Verbindung mit einer
Kabelfernbedienung macht natürlich Spaß. Ob man sie auch ohne
Fernbedienung wirklich braucht?
©Yannick M. J. Gaa; 17.06.2020