Carmen 58
Nordmende hatte seit dem Anfang der 50er Jahre die "Opern-Reihe" auf den Markt gebracht, die sich so erfolgreich verkaufte, dass diese Namensgebung fast bis zum Ende beibehalten wurde. Ab 1954 wurde dann nur hinter den Modellnamen noch die Jahreszahl des letzten Verkaufsjahres gesetzt. Also das das Carmen 58 ist von 1957 bis 58 gebaut worden.



"Hi-Fi"- steckte da noch in den Kinderschuhen, aber die Carmen klingt schon sehr ordentlich für ihre Größe. Es war ein sehr beliebtes Gerät, das Preis-Leistungsverhältnis passte.


Was ein Staub!

Als das Gerät zu mir kam, standen natürlich die üblichen Arbeiten an: Sauber machen, Kontakte reinigen, C-Kur, Abgleich, .... Hier saß zu allem Übel auch noch der Drehko für die AM-Bänder fest und musste mit "sanfter" Gewalt und Öl wieder gangbar gemacht werden. Die ganz normalen Fehler eben, nach 30 oder 40 Jahren Stillstand.


Nicht verwirren lassen, im Hintergrund steht noch ein Nordmende-Cassis und wartet auf Wiederbelebung...

Hier die Drehko-Achse nochmal näher und ohne Seilscheibe:



Diese Geräte lassen sich super reparieren. Der Aufbau ist recht übersichtlich, die Schaltung ist ausgereifter Standard, in der Regel sind die Fehler schnell gefunden und behoben. Auch der mechanische Aufbau ist simpel aber stabil.



Man kann schon recht gut erkennen, dass bei Nordmende Wert auf Servicefreundlichkeit gelegt wurde. Die sogenannte "Service-Leiste" ist hinten, unten gut zu erkennen.



An dieser Leiste waren viele Messpunkte herausgeführt, anhand derer ein Radio- und Fernsehtechniker schnell den Fehler lokaliesieren konnte. Das war in dieser Form einmalig und hatte nur Nordmende. Philips versuchte es ähnlich, aber mit viel weniger Messpunkten. Hinter der EL84 (rechts) kann man auch den Steckverbinder zum "Klangwähler" sehen. Nordmende bot hier dem Höhrer die Möglichkeit, zwischen fünf "Klangbildern" zu wählen.



Von vorne erkennbar die Tasten: Bass, Sprache, Hörspiel, Orchester, Solo und Jazz. Die Bass-Taste rastet fest, also in etwa so, wie die bei vielen "Plastik-Bombern" von heute auch vorhande "extra-Bass-Taste", mit dem Unterschied, das hier auch wirklich Bass raus kommt... Die Tiefen und Höhenregler sind immer aktiv, so kann das gewählte Klangbild noch individuell angepasst werden.

Eine von vorne drehbare und abschaltbare Ferritantenne für Lang- und Mittelwelle runden die Bedieneinheit ab.

Als Feldstärkenanzeige kam im 58er Jahrgang in den Mittelklasse-Geräten erstmals das neue "magische Band", die EM84 zum Einsatz. Durch die runde Blende auf der Skala wurde die neue, gerade Form etwas kaschiert. Auf der Gegenüberliegenden Seite wurde die runde Anzeige der Ferritantennenposition mit einem "Balken" versehen, so passte es dann optisch wieder zusammen.



Insgesamt ein gutes Radio, mit allem, was man zum Hören von Rundfunksendungen braucht. Der Techniker ist dank gutem Aufbau auch zufrieden.

©Yannick M. J. Gaa, 14.11.2018